Ein Gespräch mit Medhi Jafari Gorzini, Mitbegründer des AStA-Ausländerreferats und des Flüchtlingsrats RLP
Die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 sind politische Zielsetzungen, welche auf soziale, wirtschaftliche und ökologisch nachhaltige Entwicklung ausgelegt sind. Das Thema Migration und Flucht wird in der Agenda 2030 auf unterschiedlichste Weise aufgegriffen und als ein wesentlicher Aspekt von Entwicklung verstanden.
Mehdi Jafari Gorzini ist im Alter von 21 aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet. Im Iran rebellierte er gegen den Schah Mohammad Reza Pahlavi und kämpfte für soziale Gerechtigkeit und Demokratie. Nachdem er 1981 fliehen musste, studierte er in Mainz an der Johannes Gutenberg-Universität Politik, Pädagogik und Psychologie. Zu dieser Zeit gründete er das AStA-Ausländerreferat und ist ebenfalls Gründungsmitglied des Flüchtlingsrats RLP. Mehdi Jafari Gorzini arbeitet für das Integrationsministerium RLP; er war und ist in der Landespolitik aktiv. Noch immer hilft er Menschen in Deutschland anzukommen und begleitet sie bei diesem Prozess.
In diesem Zusammenhang hat Julian Schroeder, Geschäftsführer des Weltladens Unterwegs in Mainz, im Rahmen der internationalen Woche gegen Rassismus 2021, ein Interview mit Medhi Jafari Gorzini geführt. Thema war u.a., ob das vierte Nachhaltigkeitsziel der inklusiven, chancengleichen und gerechten Bildung für alle Menschen in Deutschland nachhaltig verfolgt wird. Eine hochwertige Bildung ist der Schlüssel für individuelle Chancen. Sie macht Menschen offener für Verhaltensänderung und ist zugleich die Grundlage für Innovationen und Bedingung für die nachhaltige Entwicklung der Erde. Bildung ist ein Menschenrecht – sie befähigt Menschen, ihre politische, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Situation zu verbessern. Jedes Kind hat das Recht auf Schulbildung; jeder Mensch ein Anrecht darauf, seine grundlegenden Lernbedürfnisse zu befriedigen – und das ein Leben lang.
Für das Integrationsministerium arbeitete Herr Medhi Jafari Gorzini sechs Jahre lang in einer Erstaufnahme für geflüchtete Menschen in Ingelheim. Er beschreibt diese Zeit als „die beste Zeit seines Lebens“. Er war die erste Kontaktperson und hat die Angekommenen die ersten Tage begleitet, damit sie einen guten Start haben. Viele der geflüchteten Menschen hatten Hoffnung, aufgenommen zu werden und in Deutschland bleiben zu können. Medhi Jafari Gorzini ist es wichtig, dass Menschen die Wege, die er selbst ohne Hilfe und Unterstützung gegangen ist, mit ihm als Hilfe gehen konnten. 1981 gab es sehr wenige Einrichtungen und Hilfegruppen, die sich um geflüchtete Menschen gekümmert haben. Damals gab es auch nur wenige Möglichkeiten, Deutsch zu lernen.
Seit seiner Studienzeit ist Medhi Jafari Gorzini in der Politik aktiv und Mitglied beim World University Service (WUS). Er hat ausländische Studierende betreut und dafür gesorgt, dass die Menschen, die in Deutschland bleiben wollten, einen Asylantrag stellen konnten. WUS hat auch dafür gekämpft, dass die Studierenden während ihres Studiums einen besseren Zugang zu Arbeit haben, um ihr Studium finanzieren zu können.
“To create a more sustainable world and to engage with sustainability-related issues as described in the SDGs, individuals must become sustainability change-makers. They require the knowledge, skills, values and attitudes that empower them to contribute to sustainable development. Education, therefore, is crucial for the achievement of sustainable development.”
(Quelle: UNESCO: Education for Sustainable Development Goals. Learning Objectives, 2017, S.7)
WUS macht Bildung unabhängig von der Herkunft und bietet zusätzliche Sprach- oder Mathematikkurse an, um den Menschen den Bildungsweg zu erleichtern. Über 6 Millionen der in Deutschland lebenden Menschen können weder lesen oder schreiben. Die Hälfte dieser Menschen haben Deutsch nicht als Muttersprache. Bildung ist der Schlüssel zu einem besseren Leben. Sprache ermöglicht die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, denn gute deutsche Sprachkenntnisse sind die Grundlage für Bildungserfolg und gesellschaftliche Teilhabe: Wer in die Schule gegangen ist und einen Abschluss hat, hat eine gute Chance besser zu leben, einen besseren Beruf zu bekommen und besser zu verdienen als jemand ohne Bildung.
Durch den COVID-19-Virus wird die Bildung für viele Kinder und Jugendliche im Moment zusätzlich erschwert, da nicht genug Computer für die Schüler*innen zur Verfügung gestellt werden und sie somit nicht am Online-Unterricht teilnehmen können. Da „jedes Kind ein Recht auf Bildung hat und nicht verloren gehen darf“, ist Medhi Jafari Gorzini der festen Überzeugung, dass mehr und besser organisiert werden muss.
Quelle:
UNESCO (2017): "Education for Sustainable Development Goals. Learning Objectives."