Ein Kaffee auf Augenhöhe: Café Chavalo
Kennen Sie schon Café Chavalo? Ganz richtig, das sind die, die ihren Kaffee teilweise mit einem Segelschiff über den Atlantik schicken. Café Chavalo schafft es so, sich für die Umwelt, einen globalen Handel auf Augenhöhe und Fairen Handel weit über die Standards hinaus einzusetzen.
Zunächst war Cafe Chavalo (gegründet 2014) die Firma des Einzelunternehmers Jens Klein. Im Juni 2017 wurde daraus eine Genossenschaft mit rund 20 Mitgliedern. Darunter Freunde, Familienmitglieder, ein Kaffeeröster und die Kooperative Tierra Nueva aus Nicaragua. Das verdeutlicht den Grundgedanken: gemeinsam arbeiten, gemeinsam Verantwortung tragen. Die KaffeebäuerInnen der Agrargemeinschaft Tierra Nueva sind eingebunden in Diskussionen und Abstimmungen. Sie nehmen zudem online an der Generalversammlung der Café Chavalo eG teil. So entsteht eine völlig neue Beziehung zwischen „Lieferant“ und „Kunde“. Eine Beziehung der Wertschätzung: die ProduzentInnen sehen sich nicht mehr als ohnmächtiges Rad in einem globalen Vermarktungsprozess, sondern als MitgestalterInnen.
Cafe Chavalo handelt nur mit Produkten, die sowohl fair gehandelt als auch bio zertifiziert sind. Dabei ist es ihnen wichtig den Fairtrade-Preis von FLO (Fairtrade Labelling Organization) für Kaffee zu übertreffen. So erhalten die Bäuerinnen statt der vorgeschriebenen 1,08 € 1,40€ pro 250g Kaffee. Das Problem mit dem Fairtrade-Preis ist, nach Jens Klein, dass er nicht zeitgemäß ist. Die Lebenshaltungskosten unterscheiden sich weltweit zu stark um einen globalen Fairhandelspreis festlegen zu können.
Geröstet wird der Großteil der Bohnen in Deutschland, doch es gibt ebenfalls eine Rösterei in Nicaragua. Mit Blick auf die Zukunft versucht Café Chavalo den Prozentsatz des Kaffees, der direkt vor Ort geröstet wird zu vergrößern und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Noch gibt es dabei jedoch einige Probleme z.B. bei der Suche nach einer geeigneten Verpackung oder unterschiedliche Geschmacksvorstellungen beim Röstgrad.
Beim Segelkaffee von Café Chavalo handelt es sich um Kaffee, der nicht wie sonst üblich mit einem großen Containerschiff, sondern mit einem Segelschiff über den Atlantik reist. Dahinter steckt die Suche nach einer Klima- und menschenfreundlichen Transportmöglichkeit für die Produkte. Das Problem mit den Containerschiffen ist, dass ihre Verbrennungsmotoren eine enorme Umweltbelastung sind. Außerdem gelten in internationalen Gewässern die Gesetze des Landes unter dem das Schiff fährt. Das führt oft dazu, dass die Besatzung der Containergiganten oft unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen arbeitet. Bei den Transportkosten ist das Containerschiff dem Segler mit 0,23€/kg anstatt 5€/kg scheinbar deutlich überlegen. Allerdings muss man sich bewusstmachen, dass dabei viele verdeckten Kosten nicht berechnet werden und diese auf Kosten der Menschen und Umwelt gespart werden. Das Segelschiff, das nur einmal pro Jahr die Fahrt nach Nicaragua und zurück unternehmen kann, transportiert auch nur einen Bruchteil des Kaffees im Vergleich zu einem heutigen Containerschiff, stößt im Vergleich aber 90% weniger CO2 aus und steht für faire Bedingungen auch im Transport. Damit ist es zwar keine finale Lösung, aber ein starkes Symbol für ein nachhaltiges Wirtschaften.
In diesem Jahr befand sich die Besatzung mitten auf dem Atlantik, während die Welt in den Lockdown ging. Die Welt ist eine andere geworden, sagte der Kapitän als die Besatzung in Südamerika wieder in Kontakt mit dem Festland kam. Mit Corona veränderte sich auf für Café Chavalo viel: Die aktuelle Situation mit Corona stellt(e) die Kooperative Tierra Nueva vor einige schwerwiegende Probleme: Zuerst war unsicher, ob sie die Ernte überhaupt exportieren können, da zu dem Zeitpunkt noch viele Containerschiffe in Quarantäne festsaßen. Zusätzlich erhöhten sich durch Corona die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Dadurch blieb im Haushaltsbudget oft nicht mehr genug Geld für die Bewirtschaftung der Farmen. Wenn die Qualität und Quantität der neuen Ernte sinken, erhalten die KleinbäuerInnen weniger Geld für ihre Ware und haben daraufhin wieder ein geringeres Budget für die neue Aussaat. Es entsteht eine Spirale. Um dem Vorzubeugen stellt Cafe Chavalo, wie viele andere Unternehmen im Fairen Handel, den Kooperativen ein Corona Soforthilfe Programm zur Verfügung.
Kaufen kann man den Kaffee von Café Chavalo auf ihrer Website, aber auch in einigen Bio- und vielen Weltläden wie dem Weltladen Unterwegs in Mainz. Café Chavalo ist auch an einigen Städtekaffeeprojekten beteiligt wie z.B. Hallorke, der faire Kaffee für die Stadt Halle an der Saale.
(Eigentlich als Abendveranstaltung geplant, wurde das Projekt aufgrund der aktuellen Situation digital durchgeführt. Eine gemeinsame Veranstaltung mit der Heinrich Böll Stiftung RLP. Das Projekt Flucht, Migration und Fairer Handel wird gefördert durch das MDI RLP und MFFJIV RLP)